Leseprobe „Das Erbe der Karolinger“

817 n. Chr.

Teil Eins

Eins

Es war eiskalt im Kronsaal, und Helisachar wollte den Krieg.

Ludwig kniff die Augen zusammen, während er sich ihm zuwandte. Die Gestik und Mimik des alten Kanzlers zeigten, was in ihm vorging. Wer von den anderen Mitgliedern des Kronrates für Härte gegenüber den Bretonen plädierte, erhielt von ihm ein Nicken oder etwas, das man mit ein wenig gutem Willen für ein Lächeln halten konnte. Sprach sich dagegen jemand für Zurückhaltung aus, runzelte Helisachar die Stirn, stellte den Zeigefinger auf und wackelte damit hin und her, als wäre er ein Hundeschwanz. Ein klares Nein. Er war der Kanzler, seine Meinung hatte Gewicht. Der alte Mann hatte ein Habichtsgesicht mit eingefallenen Wangen und spitzer Nase. Seine Strategie bestand darin, in Frageform vorzubringen, was er zu sagen hatte. „Meint Ihr nicht, Kaiser, dass es an der Zeit ist, den Bretonen zu zeigen, wer die Macht hat?“

So etwas ging natürlich nur mit Waffengewalt. Aber das erwähnte Helisachar nicht, er setzte darauf, dass eins der anderen Ratsmitglieder diese Schlussfolgerung zog, und blieb bei seinen Fragen. „Sollten wir ihre Frechheiten nicht ein für alle Mal unterbinden?“

Lothar, Ludwigs Ältester, hatte sich vom ersten Moment an auf die Seite des Kanzlers gestellt, was sicher auch der großen Distanz geschuldet war, die zwischen Ludwig und seinem Sohn herrschte. Inzwischen schien auch Pippin, sein Zweitgeborener, Helisachar zuzuneigen, genauso wie der Marschall und der Kämmerer. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Mehrheit vollends kippte und sich gegen ihn, den Kaiser, stellte.

„Wir sollten nicht voreilig reagieren.“

„Voreilig, Vater?“, hielt Lothar sofort dagegen. „Wir haben eine Menge Geduld mit den Bretonen gehabt.“

„Auf was wollen wir noch warten, Kaiser?“, fragte Helisachar.

Ludwig überkam der Wunsch, die Versammlung zu beenden. Das Osterfest stand bevor. Vor allem aber fror ihn. Obwohl die Tage schon wieder deutlich länger waren, lag eine Kälte über dem Saal, gegen die kein Mantel und kein Pelzkragen half. Marschall Hatto knetete seine blutleeren Finger, Lothar hob abwechselnd die Füße und ließ sie auf den Boden fallen, Pippin atmete weißgraue Wölkchen aus. Der Kamin ließ sich nicht benutzen, seitdem neulich eine Rauchwolke aus ihm herausgeplatzt war und den ganzen Saal in schwarzen Ruß getaucht hatte.

Zwar hatten Mägde inzwischen saubergemacht, doch der Schornstein würde erst nach Ostern gefegt werden und wieder benutzbar sein. Derzeit strahlte von den Wänden der Frost ab wie im tiefsten Winter. Ludwigs Thron war trotz der Lammfelle darauf eisig, unerbittlich drang die Kälte aus ihm heraus. Hinzu kam, dass sie alle am Ende der Fastenzeit jegliche innere Wärme verloren hatten.

Helisachar hatte eine rote Nase. Der Kanzler war der letzte verbliebene Berater von Ludwigs Vater. Alle anderen Getreuen des Alten hatte er nach seinem Amtsantritt ausgetauscht. Drei Jahre lag das zurück. Mit Helisachar hatte er nicht so verfahren können, denn sein Vater hatte Ludwig das Versprechen abgenommen, den Kanzler im Amt zu belassen. Schon damals hatte Ludwig unterstellt, dass der Alte der Vorstellung verfallen war, die Geschicke des Reiches über seinen Tod hinaus zu bestimmen, notfalls dadurch, dass ein Getreuer sie in den Händen hielt.

Zudem stellte sich die Frage, ob die neuen Berater loyaler waren. Bei Marschall Hatto und dem Kämmerer Botwin war er nie ganz sicher, wo sie standen. Es gab nur einen einzigen Mann im Kronsaal, auf den er sich bedingungslos verlassen konnte, nämlich Gerrik, sein Falkner. Gerrik war ein Ehrenmann, ein Ritter und unbedingt loyal. Das Problem war, dass der Falkner in Beratungen wie dieser kaum je den Mund aufmachte. Er schien von der Angst beseelt zu sein, weniger politischen Einblick zu haben als die anderen, deshalb äußerte er sich nicht.

Ein anderes Ratsmitglied, dem Ludwig blind sein Leben anvertraut hätte, war sein Beichtvater Benedikt. Doch Benedikt schwänzte diese Sitzung, denn er bereitete die Karfreitagsmesse vor. Im Kronrat fehlte seine Überzeugungskraft. Ähnlich wie Helisachar besaß er die Fähigkeit, andere allein mit der Kraft seiner Worte umzustimmen.

„Sollten wir nicht zu einer Entscheidung kommen?“, fragte Helisachar. „Bedenkt, Herr, morgen ist Karfreitag.“

Der Kanzler witterte seine Chance auf eine Abstimmung. Der Feldzug könnte dann gleich nach dem Auferstehungsfest beginnen. Ludwig erkannte, dass dies der Plan war, dem Helisachar von Anfang an gefolgt war. Aus diesem Grund hatte der Alte zunächst mit unbeteiligter Stimme Berichte aus dem Grenzgebiet, der Bretonischen Mark, vorgetragen, Raub und Plünderungen, Entführungen von Bauern und Knechten, die auf Sklavenmärkten verkauft wurden, und dazu, wie immer, Schändungen ihrer Frauen und Töchter. Die Schilderungen verfehlten ihre Wirkung nicht, die anderen Männer im Saal verliehen ihrer Empörung lautstark Ausdruck. Lothar hatte sogar die Hand an sein Schwert gelegt.

„Sie weigern sich immer wieder, uns Tribut zu leisten. Damit brechen sie den Vertrag. Was noch bedeutsamer ist: Zum ersten Mal seit Menschengedenken sind sie sich einig“, erklärte Lothar jetzt. Er war inzwischen zweiundzwanzig, ein kräftiger junger Mann mit schmalem Mund und großer Entschlossenheit.

„Das glaube ich nicht“, entgegnete Ludwig. „Zwei Bretonen, drei Meinungen – so heißt es doch.“

„Ihr habt recht, mein Kaiser“, erklärte Helisachar. „So hieß es immer. Doch hört Ihr nicht auch, dass sie sich um ihren angeblichen König geschart haben, Morvan oder wie auch immer sein Name ist?“

„König der Bretonen – einen solchen Titel gibt es nicht.“

„Ich gebe nur wieder, wovon die Berichte von dort künden“, erwiderte Helisachar achselzuckend, während er Lothar in die Augen blickte, in der Hoffnung wahrscheinlich, der Kaisersohn würde den Feldzug oder zumindest eine Abstimmung darüber verlangen und die Sitzung endlich zu einem Ende bringen. Auch der Kanzler zitterte jetzt vor Kälte.

Ludwig hatte in der Tat die Sorge, sein Sohn würde ihm gleich in den Rücken fallen. Helisachar wäre schnell genug, den Moment zu nutzen und abzuzählen, wer zu diesem Vorschlag nickte, und wenn es die Mehrheit war, würde er sich an die Spitze der Kriegsfraktion setzen. Dann brauchte es nicht einmal mehr eine offizielle Abstimmung.

Ludwig aber wollte diesen Weg nicht. Er folgte einer anderen Idee.

Als Jugendlicher hatte er Feldzüge geführt, damals von Aquitanien aus, das er regierte. Besonders in Spanien hatte er furchtbare Massaker erlebt, hatte die Schreie der Sterbenden gehört und solche Mengen von Blut gesehen, dass sich ganze Wiesen dunkelrot färbten, dazu abgetrennte, auf den Feldern verstreute Gliedmaßen, schreiende Männer ohne Orientierung, verwirrte Pferde, die ausschlugen, sobald sich ihnen jemand näherte. Diese Bilder stammten aus Kämpfen gegen die Mauren genauso wie aus denen gegen die Basken, ein Volk, das in mancherlei Hinsicht mit den Bretonen zu vergleichen war. Beide siedelten am Meer, waren immerzu Wind und Wellen und dem ewigen Regen ausgesetzt. Und beide werteten ihre Ehre höher als das Leben, weshalb sie lieber in den Tod gingen als in Gefangenschaft.

Damals hatte Ludwig begonnen, sich seinem Beichtvater Abt Benedikt anzunähern, der die Überzeugung vertrat, Jesus sei gegen Gewalt gewesen, deshalb setze ein wahrhaft christlicher Herrscher nicht das Schwert ein. Viele Gedankenschritte waren notwendig gewesen, ungezählte Stunden, in denen sie über Fragen der Herrschaft, der Mission und der Notwehr sprachen und stritten. Lange wollte es nicht in Ludwigs Kopf, wie man ohne Zwangsmittel regieren konnte. Mit der Zeit aber überzeugte Benedikt ihn, und gleichzeitig näherte er sich auch Ludwigs Standpunkt an. Beide fanden am Ende, dass Angriffe zwar nicht gerechtfertigt waren, wohl aber durfte man sich verteidigen, wenn es sein musste.

Im Zusammenhang mit den Bretonen war die Lage längst nicht so eindeutig, wie Helisachar sie darstellte. Das hatte Ludwig den Ratsmitgliedern gesagt und auf Berichte verwiesen, nach denen fränkische Beamte allzu leicht Gewalt ausübten, wenn sie den Tribut eintrieben. Eine alte Erfahrung besagte, dass solche Berichte nur einen kleinen Teil dessen abdeckten, was tatsächlich geschah. So gesehen war es vorstellbar, dass sich die Bretonen, der vielen Demütigungen überdrüssig, zur Wehr setzten.

Wie auch immer, Ludwig hatte den ersten echten Konflikt in seiner Amtszeit, und er wollte mit dem Nachbarvolk einen anderen Weg suchen, einen, der ihnen die Achtung ließ. Der Weg des Friedens war immer der mühsamere, doch er hatte eine Idee: Gegen die vertragliche Zusage, die fränkischen Grenzen zu respektieren und alle Raubzüge einzustellen, würde das Reich auf einen Teil der vereinbarten Zahlungen verzichten. Wenn die Bretonen weniger Tiere und Getreide abliefern müssten, bliebe mehr für sie selbst. Dann müssten sie nicht plündern. Außerdem bedeutete der Vorschlag, dem kleinen Küstenvolk zu schmeicheln, und auch das konnte hilfreich sein.

„Mit einem Feldzug gewinnen wir nichts“, sagte er und legte den Kopf auf die Seite. „Sobald wir wieder abziehen, ist alles beim Alten.“

„Willst du sie etwa ungestraft davonkommen lassen?“, fragte Lothar.

„Das nicht. Aber …“

„Wir könnten sie für die Schäden zahlen lassen“, schlug Botwin vor. Er war der Kämmerer und dachte in Einnahmen und Geld.

Ludwig registrierte, dass Helisachars Mundwinkel für einen kurzen Moment zuckten. „Dann sagt mir: Wer setzt das durch?“

„Stimmt auch wieder“, gab Botwin zu und lachte verlegen. „Dazu bräuchte es ein Heer.“

Die Kälte des Throns drang immer tiefer in Ludwigs Körper ein. Seine Muskeln krampften. Er sehnte sich nach einem Kaminfeuer, einem gewärmten Zimmer. Als Kaiser hatte er selbstverständlich das Recht, sich über Entschlüsse des Kronrats hinwegzusetzen. Am Ende traf er die Entscheidungen allein. So war es nach Gottes Willen festgelegt. In der Praxis allerdings wog ein Misserfolg viel schwerer, wenn er die Meinung seiner Berater ignoriert hatte.

„Wir sollten ihnen Verhandlungen anbieten“, sagte er.

Helisachar machte wieder eine seiner Gesten, diesmal drehte er den Kopf weg, wenig nur und trotzdem ausreichend, dass alle Anwesenden seine Missbilligung mitbekamen.

„Damit lassen wir uns zum Narren halten, Vater!“, platzte es aus Lothar heraus. „Und schaffen ein Beispiel für andere Völker, denen wir sagen, dass es sich lohnt, uns den Gehorsam zu verweigern.“

Die Worte schmerzten Ludwig, aus ihnen sprach nicht nur Unverständnis, sondern vor allem eine mangelnde Bereitschaft, sich auf das Ansinnen des Vaters einzulassen. Ludwig hätte gerne gewusst, was in Pippin vorging. Bislang hatte er nur zweimal zu Helisachars angeblichen Fragen genickt.

„Haben sie unsere Angebote nicht schon oft in den Wind geschlagen?“, fragte der Kanzler.

„Sie haben ja auch genug Wind in ihrem Land.“ Ludwig hatte einen Scherz versucht, um die Stimmung ein wenig aufzulockern. Aber keiner lachte.

„Die Erfahrung zeigt, dass ihre Zusagen schon am nächsten Tag nicht mehr gelten“, meinte Hatto.

„Wir geben ihnen noch einmal Gelegenheit. Von mir aus ein letztes Mal.“

Hatto schüttelte den Kopf, Botwin starrte auf seine Schuhspitzen. Pippin blickte ins Leere. Ludwig musste einräumen, dass er sie nicht überzeugt hatte.

Helisachar erkannte seinen Vorteil ebenfalls. „Meint ihr nicht, Herr, dass Marschall Hatto die Wahrheit sagt und wir in den letzten Jahren oft genug erfahren mussten, wie sinnlos es ist, mit den Bretonen zu verhandeln?“

„Man kann ja nicht einmal mit ihnen reden“, sagte Botwin. „Weil sie diese seltsame Sprache haben, die kein Mensch versteht.“

„Und auch keine Verträge mit ihnen abschließen, weil sie nicht lesen können“, ergänzte Pippin.

Ludwig schluckte und spürte dabei, wie trocken seine Kehle war. Er wünschte sich, sein Sohn hätte diesen Satz nicht gesagt. Nun hatte er Position bezogen. „Für diese Dinge haben wir Übersetzer“, beschied er ihm kühl.

„Herr“, begann wiederum Helisachar und wagte endlich eine Aussage anstatt einer Frage, „die Bretonen sind wie unerzogene Kinder, und so müssen wir mit ihnen umgehen. Was macht man mit Kindern, die nicht gehorchen? Man züchtigt sie. Die Bretonen sollen unsere Knute spüren, und wenn sie sich nicht beugen, schlagen wir sie so lange, bis sie ihre Lektion gelernt haben. Wie alle anderen müssen sie Frieden halten und Tribut abführen.“

Die Ratsmitglieder nickten. Alle außer Gerrik.

„Also brennen wir ihre Felder ab?“ fragte Ludwig. „Zerstören ihre Dörfer?“ In ihm tauchte die Idee auf, Helisachar eine Falle zu stellen.

„Und verkaufen ihre widerspenstigen Männer unsererseits auf den Sklavenmärkten“, erklärte der Kanzler. „Das bringt wenigstens ein bisschen Entschädigung, die wir an unsere Bauern verteilen können.“

„Was ist mit ihren Frauen und Töchtern?“

„Man wird einen Krieger kaum daran hindern können, sich zu nehmen, wonach ihn dürstet.“

„Soll ich euch sagen, Kanzler, was das Ergebnis sein wird, außer dass sie uns hassen? Sie werden überhaupt keinen Tribut mehr zahlen. Weil sie es nicht können. Denn wir haben ihre Ernten verwüstet.“

Die anderen Männer verfolgten den Disput. Keiner von ihnen hätte sich getraut, was sich der Kanzler herausnahm, selbst Lothar nicht.

„Ich meine“, sagte Helisachar, „das ist ein vertretbarer Preis. Schon im nächsten Jahr, mit einer neuen Ernte, können sie ihren Pflichten wieder nachkommen.“

Ludwig legte die kalten Hände ineinander. Auf einmal packte ihn der Ehrgeiz, den Kanzler in die Schranken zu weisen. Sitzend streckte er sich und richtete den Blick auf ihn.

Helisachar hielt stand und rührte sich nicht.

„Unser Kanzler ist ein kluger Mann“, erklärte Ludwig. „Leider ist auch er nicht in der Lage, in die Zukunft zu schauen. Werden sich die Bretonen beugen, wenn wir sie nur hart genug anfassen? Die Wahrheit ist: Wir wissen es nicht. Die Erfahrung mit den Basken zeigt, dass das nicht unbedingt gelingt. Sie stehen immer wieder gegen uns auf.“

„Die Basken leben viel weiter entfernt“, unterbrach Helisachar. „Der größere Teil von ihnen sogar jenseits eines Gebirges. Deshalb ist es viel schwerer, sie zu züchtigen.“

„Ich war noch nicht fertig“, wies Ludwig ihn kühl zurecht. „Anders als Ihr habe ich übrigens gegen baskische Heere gekämpft. Was aber die Bretonen angeht: Wenn sie nicht aufgeben, sondern sich mit den normannischen Piraten verbünden, dann haben wir auf Jahre hin Überfälle, gegen die wir uns nicht schützen können. Stellt es euch vor: Die Bretonen bekämpfen die Piraten nicht mehr, sondern lassen sie an ihrer Küste gewähren, und dann segeln die Normannen in unsere Flüsse, rauben, nehmen Gefangene und sind schneller verschwunden, als wir überhaupt Meldung von ihren Taten erhalten.“

Nach diesen Sätzen kehrte Schweigen ein. Ludwig stieß ein paar Atemwölkchen aus. Die Welt um ihn war wie erfroren.

Helisachar war nicht bereit, aufzugeben. „Euer Vater …“, begann er, und Ludwig wusste, was nun kommen würde. Der Alte war immer das Beispiel. Er hatte das Reich groß gemacht und mit harter Hand regiert. Wer Grenzen verletzt oder sich sonst wie erhoben hatte, wurde zwangsläufig mit einem Feldzug bestraft. Karl, der große und strenge Vater des Reiches.

„Lasst den Vergleich. Mein Vater ist tot. Ich bin der Kaiser.“

„Das weiß ich, Herr. Als Kanzler gebe ich nur zu bedenken, dass es Konsequenz braucht, um das Frankenreich zu regieren. Darin dürfen wir nicht nachlassen.“

„Ich stimme zu“, sagte Lothar.

„Ich auch.“ Die zweite Äußerung von Pippin. Damit hatte sein mittlerer Sohn endgültig Stellung bezogen, die Verhältnisse waren jetzt klar. Würde Helisachar sie nun einzeln nach ihrer Meinung fragen, würden sie für den Feldzug eintreten. Ludwig war nicht in der Lage, sie umzustimmen.

Neben ihm räusperte sich Gerrik. Überrascht schaute Ludwig zu ihm. Wollte der Falkner tatsächlich den Mund aufmachen?

„Darf ich einen Vorschlag machen, Herr?“

„Bitte.“

„Vertagen wir uns. Morgen ist der Todestag unseres Herrn Jesus Christus, und wir sollten beten. Außerdem geht die Fastenzeit zu Ende.“

Ludwig grinste – da war der Ausweg. „Genau“, sagte er eilig. „Nächste Woche, mit gefülltem Bauch, sieht die Welt anders aus. Dann entscheiden wir.“

Kaum hatte er seinen Satz ausgesprochen, zwang er seine steifen Knochen aus dem Thron, ein klares Zeichen, dass die Sitzung beendet war. Seine Beine waren so unbeweglich, dass die Knie ächzten und er Mühe hatte, auch nur einen Schritt zu setzen. Gleichzeitig empfand er Genugtuung, weil selbst Helisachar nun nicht weiterreden konnte. Die höfische Etikette galt auch für ihn.

Der Mund des Kanzlers stand offen, während Kämmerer und Marschall bereits auf den Beinen waren und sich vor dem Kaiser verneigten. Sofort fing sich auch Helisachar und beugte ebenfalls den Kopf. Ludwig nickte Gerrik zu. Gleichzeitig nahm er sich vor, dafür zu sorgen, dass Benedikt nächste Woche an der Sitzung teilnahm und seine Seite, die der Verhandlung, stärkte.